Ein gar spaßiger Ritt

„De Kurfärscht kummt“, so riefen sich die Iggelheimer zu und bekamen dabei hochrote Köpfe vor lauter Stolz, denn der Besuch eines Fürsten galt einst mindestens so viel, wie die Visite eines berühmten Mannes in unseren Tagen. Friedrich IV. wollte im Wald bei Iggelheim auf die Jagd gehen, so hatte er sagen lassen. Alles war auf den Beinen, von den Honorationen bis zum kleinsten Landarbeiter. Alles ging an diesem schönen Morgen im späten Herbst des Jahres 1603 hinaus zum Jagdhof, einem Jagdschlößchen am Ortsausgang. Dicht gedrängt standen sie an den Wegen entlang als der Kurfürst samt Gemahlin und Gefolge aus dem nahen Walde ritt. Ein wahrhaft prächtiger Zug, an dem man sich nicht satt sehen konnte! Der Herr Pfarrer schaute noch einmal schnell über das Manuskript seiner Begrüßungsrede, da waren die Herrschaften auch schon am Schlößchen angekommen. Gerade wollte der geistliche Herr zur Begrüßungsansprache ansetzen, als da von der Seite ein gar komischer Reiter angeritten kam, so daß dem Redner das erste Wort schon in der Kehle stecken blieb. Der Lud war’s, ein zehnjähriger Junge, der eigentlich Ludwig Zickramfft hieß. Und der saß auf einem Schwein, hielt sich krampfhaft an dessen Ohren fest und ward so zum Gelächter der angekommenen Herrschaften. Die Iggelheimer aber standen da wie begossene Pudel. Sie trauten sich nicht mitzulachen. Eine peinliche Situation! Der Pfarrer setzte zu einer Entschuldigung an, von einer Begrüßung war sowieso keine Rede mehr. Doch der Kurfürst winkte lachend ab: „Laßt das gut sein! Der Bube soll nur auch einmal bei der Kurpfalz ein rechter Reitersmann werden.“ Wie der Lud zu seinem Reittier kam? Er war von seinem Vater kurz vor der Ankunft des Kurfürsten noch einmal heimgeschickt worden.

Da stieß er auf das Borstentier, dessen Eigentümer in der Eile den Stall nicht gut verriegelte. Der Lud wäre bestimmt vorbeigegangen, wenn da nicht einer gesagt hätte: „Lud, hock dich druff unn reit veer!“ Das ließ sich der Junge natürlich nicht zweimal sagen. Es war ein schöner Ritt. Das Borstenvieh aber nahm schnurstracks Kürs auf den Jagdhof. Das Herz schlug dem Lud bis zum Halse. Vor dem Fürsten warf ihn das Biest in derf Sand. Eine solche Blamage! Lud nahm Reißaus, und als der Vater nach Hause kam, geschah es. Doch zum Schaden gesellt sich gewöhnlich auch der Spott. „Reiterlud“ riefen ihm die Kinder nach, und Reiterlud hieß er fortan bis zu seinem Ende. Der aber, der den Lud auf das Schwein hetzte, mußte sich vor den Dorfältesten verantworten. Man ermahnte ihn, ein Beispiel für die Jugend zu sein und sie in Zukunft nicht mehr zu bösen Streichen zu verleiten.

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Eine Antwort zu Ein gar spaßiger Ritt

  1. marie-anna ultsch schreibt:

    der Reiterlud hielt sich nicht an den Ohren fest,sondern am Ringelschwänzchen…..er sass verkehrt auf der Sau

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